An der Primärversorgung in Österreich führt kein Weg mehr vorbei. Die Politik plant bis zum Jahr 2021 zumindest 75 Primärversorgungseinheiten. Hat man einmal die Primärversorgungseinheit vor der eigenen Tür, werden aufgrund des breiteren Versorgungsangebots und der längeren Öffnungszeiten Patienten/-innen abwandern. Der eigene Standort wird im Falle der Ordinationsaufgabe nicht mehr zu veräußern sein, insbesondere da fraglich ist, ob neben einer Primärversorgungseinheit überhaupt noch ein neuer Kassenvertrag vergeben wird. Eine Primärversorgungseinheit ist eine neue Form eines Leistungsanbieters im niedergelassenen Bereich. Die Primärversorgungseinheit kann in Form eines Zentrums oder in Form eines Netzwerks aufgebaut sein. Mehrere Ärzte/-innen (mindestens drei Ärzte/-innen für Allgemeinmedizin), die bisher Einzelordinationen betrieben haben, führen ihre Ordinationen bei der Primärversorgungseinheit als Zentrum an einen Standort zusammen. Beim Primärversorgungsnetzwerk behält jede(r) Ärztin/Arzt ihren/seinen Ordinationsstandort, über dem Netzwerk wird als verbindende Klammer eine Form der Zusammenarbeit (zB ein Verein oder eine Gesellschaft) implementiert. Eine Primärversorgungseinheit als Zentrum kann von einer Gruppenpraxis oder einem gemeinnützigen selbstständigen Ambulatorium betrieben werden. Gesellschafter einer Gruppenpraxis können ausschließlich Ärzte/-innen sein, Gesellschafter eines Trägers eines selbstständigen Ambulatoriums können auch Nicht-Ärzte/-innen sein, wobei nur gemeinnützige Träger in Betracht kommen. Die Primärversorgungseinheit als Zentrum soll Erstanlaufstelle der Patienten/-innen im Sinne einer hausärztlichen Versorgung sein. Primärversorgungseinheiten als Zentrum sollen aber auch die überfüllten Spitalsambulanzen entlasten. Bei richtiger Organisation können Ärzte/-innen, die Inhaber einer Primärversorgungseinheit sind, jedenfalls wirtschaftlich höhere Gewinne erzielen als in einer Einzelordination oder einer herkömmlichen Gruppenpraxis. Die Primärversorgungseinheit als Netzwerk ist ein Verbund mehrerer selbstständiger Ärzte/-innen für Allgemeinmedizin (allenfalls Kinderärzte/-innen), die durch einen eigenen Rechtsträger unter einem Dach als Primärversorgungseinheit verbunden sind. Beim Primärversorgungsnetzwerk kommen zwei Unterformen in Betracht: Sämtliche Ärzte/-innen bleiben mit ihren Einzelordinationen mit Kassenvertrag selbstständige Einzelunternehmer. Über das gemeinsame „Dach“ werden Personal- und Infrastrukturkosten geteilt und die Zusatzzahlungen der Sozialversicherungsträger vereinnahmt. Eine andere Variante ist die Schaffung einer Gruppenpraxis, die die ehemaligen Einzelordinationsstandorte disloziert mitbetreibt. Die längeren Öffnungszeiten können zwischen den Mitgliedern der Primärversorgungseinheit geteilt werden, die Patienten/-innen profitieren vom größeren Angebot. Eine Primärversorgungseinheit benötigt – egal ob sie in Form eines Primärversorgungszentrums oder eines Primärversorgungsnetzwerks geführt wird – zumindest drei Ärzte/-innen für Allgemeinmedizin sowie Personen aus der diplomierten Gesundheits- und Krankenpflege (das sogenannte „Kernteam“). Je nach Vorgaben der Sozialversicherungsträger sind andere Gesundheitsberufe Teil der Primärversorgungseinheit („erweitertes Team“), wobei die Kosten für das erweiterte Team von den Sozialversicherungsträgern abgegolten werden. Aufgrund der Tatsache, dass bis zum Jahr 2021 insgesamt 75 Primärversorgungseinheiten österreichweit entstehen sollen, wird seitens der öffentlichen Hand (Sozialversicherungsträger, Land und Gemeinden) mit diversesten Unterstützungen für Primärversorgungseinheiten gearbeitet. Beispielsweise erhält jeder Gesellschafter nach dem niederösterreichischen Modell eine sogenannte „Kopfpauschale“ von € 80.000, sodass eine Primärversorgungseinheit mit zumindest € 240.000 pro Gesellschafter zusätzliche Einnahmen lukriert. In Wien erhält eine Primärversorgungseinheit pro Jahr € 215.000 und eine PVE-Sonderpauschale von € 7 zusätzlich zur Fallpauschale. Andere Bundesländer bieten ebenfalls derartige finanzielle Anreize für die Gründung einer Primärversorgungseinheit. Weiters werden Unterstützungsleistungen für das Management, die Infrastruktur, aber auch Unterstützung bei der Suche von Immobilien angeboten. Eine bessere Zeit zum Gründen einer Primärversorgungseinheit als derzeit wird nicht mehr kommen. Zu unterscheiden ist, ob die Primärversorgungseinheit in Form eines Zentrums oder in Form eines Netzwerks errichtet werden soll. In der Zentrumsvariante wird bei einem Betrieb durch Ärztinnen und Ärzte eine Gruppenpraxis der Rechtsträger sein. Eine Gruppenpraxis kann in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder einer Offenen Gesellschaft (OG) betrieben werden. In der Variante als Netzwerk bleiben die Einzelordinationen bestehen und werden über einen gemeinsamen Rechtsträger verbunden. Dieser Rechtsträger kann jede Rechtsform haben (sofern das Netzwerk nicht in Form einer Gruppenpraxis geführt wird). Da die Gewinne weiterhin in den Einzelordinationen erzielt werden, bietet sich der Verein als gemeinsames Dach an. Nein, sowohl das Primärversorgungsgesetz als auch der bundesweite Primärversorgungsgesamtvertrag sehen Regelungen vor, dass bestehende Kassenverträge ruhend gestellt werden und nach einem allfälligen Auflösen der Primärversorgungseinheit innerhalb von 5 Jahren wiederaufleben. Üblicherweise besser. Der Patientendurchlauf wird durch die erweiterten Öffnungszeiten und das größere Leistungsangebot durch die Einbeziehung anderer Gesundheitsberufe größer sein. Zwar steigen damit auch die Fixkosten, durch die zusätzlichen Zahlungen seitens der Sozialversicherungsträger und der anderen Stakeholder (Bund, Länder und Gemeinden) verbunden mit den höheren Umsätzen wird der Verdienst des einzelnen Arztes üblicherweise steigen. Nicht zwangsläufig. Einerseits verlangt eine Primärversorgungseinheit die Beteiligung von mindestens drei Ärztinnen und Ärzten. Zwar werden seitens der Sozialversicherungsträger längere Öffnungszeiten verlangt, durch eine intelligente Verteilung der Arbeitszeit und der Möglichkeit einer längeren urlaubsbedingten Abwesenheit kann die Arbeitszeit am Patienten reduziert werden. Zusätzlich können die Stunden für Verwaltungstätigkeiten durch das Einschalten eines Primärversorgungsmanagers reduziert werden. Ja. Abgesehen von dem Umstand, dass die Ablösezahlungen für Einzelordinationen durch den Ärztemangel in den letzten Jahren massiv gesunken ist, wird durch Gründung einer Primärversorgungseinheit auch die natürliche Nachfolge geregelt, da die Mitgesellschafter die Primärversorgungseinheit nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters zwangsläufig fortführen werden. Primärversorgungseinheiten werden mittelfristig die hausärztliche Versorgung wesentlich bestimmen. Primärversorgungseinheiten werden von mehreren Ärztinnen und Ärzte in Form eines Zentrums an einem Standort oder in Form eines Netzwerks an verschiedenen Standorten geführt. Schließen sich beispielsweise fünf Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin zu einer Primärversorgungseinheit zusammen, so werden die Patienten nicht mehr wie in der Vergangenheit zu fünf verschiedenen Fachärzten/-innen zugewiesen, sondern wird eine Fachärztin oder ein Facharzt der favorisierte Fachärztin/Facharzt sein. Es ist daher entscheidend, sich frühestmöglich als die Fachärztin oder der Facharzt zu positionieren, an den zugewiesen wird. Noch stärker als die übrigen Fachärzte/-innen sind die sogenannten technischen Fächer von Zuweisungen abhängig. Gerade für dieses technischen Fächer kann das Wegfallen von mehreren Zuweisern, die bis dato in Einzelordinationen tätig waren und zukünftig in einer Primärversorgungseinheit zusammengefasst werden, existenzbedrohend sein. Gerade für Labors, Radiologinnen/Radiologen und CT-/MR-Institute wird es daher entscheidend sein, der präferierte Kooperationspartner von Primärversorgungseinheiten zu sein. Kinderärztinnen und Kinderärzte sind die einzige Gruppe von Fachärzten, die von Anfang an als Gesellschafter eine Primärversorgungseinheit tätig werden können. Schließen sich beispielsweise fünf Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin aus fünf verschiedenen Orten an einem einzigen neuen Standort zu einem Primärversorgungszentrum zusammen, so wird eine der Apotheken in der Umgebung Hauptanlaufstelle sein. Es ist daher entscheidend, sich als die mit der Primärversorgungseinheit kooperierende Apotheke zu positionieren. Primärversorgungseinheiten werden einen großen Bedarf an medizinischen Verbrauchsmaterialien und medizinischen Gerätschaften haben. Jener Zulieferer, der der Zulieferer des Vertrauens ist, wird den Großteil der Geschäftsbeziehungen mit der Primärversorgungseinheit lukrieren können. Es ist daher entscheidend, sich bereits jetzt als der Zulieferer des Vertrauens von Primärversorgungseinheiten zu positionieren. Egal ob sich mehrere Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin an einem Standort als Primärversorgungszentrum zusammenschließen oder eine Primärversorgungseinheit als Netzwerk gebildet wird – das Verschreiben von Medikamenten wird zentral erfolgen. Insofern ist es entscheidend, sich bereits jetzt als jener Pharmakonzern zu positionieren, der die Primärversorgungseinheit mit Medikamenten versorgt. Eine Primärversorgungseinheit benötigt – egal ob sie in Form eines Zentrums oder in Form eines Netzwerks errichtet wird – eine Haftpflichtversicherung, da dies gesetzlich vorgegeben ist. Schließen sich beispielsweise fünf Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin, die bis dato Einzelordinationen betrieben haben, zu einer Primärversorgungseinheit zusammen, so wird eines der fünf Versicherungsunternehmen, die bis dato die Einzelordinationen versichert haben, das Versicherungsunternehmen sein, das die Primärversorgungseinheit (und damit die fünf beteiligten Gesellschafter) betreut. Erfahrungsgemäß wählen Ärztinnen und Ärzte gerne jenes Versicherungsunternehmen, mit dem sie als Haftpflichtversicherung zufrieden sind, auch für alle anderen Versicherungen im beruflichen und privaten Bereich. Für ein Versicherungsunternehmen steht bei Nichtbetreuen einer Primärversorgungseinheit nicht nur das Haftpflichtversicherungsgeschäft auf dem Spiel, sondern auch sämtliche anderen Versicherungslösungen. Schließen sich mehrere Ärztinnen und Ärzte zu einer Primärversorgungseinheit in Form eines Zentrums oder in Form eines Netzwerks zusammen, so wird der Rechtsträger der Primärversorgungeinheit einen Steuerberater benötigen. Teilen sich in einem Beispiel, wo sich fünf Ärztinnen und Ärzte zu einer Primärversorgungseinheit zusammenschließen, vor Gründung der Primärversorgungseinheit fünf Steuerberater das Geschäft, so wird der ausgewählte Steuerberater, der dann die Primärversorgungseinheit betreut, in vielen Fällen nicht nur die Primärversorgungseinheit betreuen, sondern auch sämtliche Mitglieder der Primärversorgungseinheit. Ähnlich wie bei Versicherungsunternehmen wird die Primärversorgungseinheit eine Betreuung durch eine Bank benötigen. Vor Gründung einer Primärversorgungseinheit werden die Ärztinnen und Ärzte von ihren eigenen Banken betreut. Schließen sich zB fünf Ärztinnen und Ärzte zu einer Primärversorgungseinheit zusammen, so werden vier der fünf Banken nicht nur die Primärversorgungseinheit nicht betreuen, sondern üblicherweise auch die Betreuung der anderen beteiligten Ärztinnen und Ärzte verlieren. Es ist daher für eine Bank entscheidend, sich bereits jetzt die entstehenden Primärversorgungseinheiten zu sichern. Die Vermietung an Ärztinnen und Ärzte war in den letzten Jahren uninteressant, da Ärzte als Mieter durch die Umsatzsteuerbefreiung bei der Miete für fast jeden Vermieter eine Belastung waren. Auch Primärversorgungseinheiten werden in den meisten Fällen als Gruppenpraxen (Zentren) oder als Einzelordinationen (Netzwerke) geführt. Durch die Corona Krise und den damit verbundenen massiven wirtschaftlichen Schaden, wird sich die Immobilienwirtschaft neu orientieren. Primärversorgungseinheiten sind trotz der Umsatzsteuerthematik stabile uns wirtschaftlich verlässliche Mieter. Primärversorgungseinheiten können daher für eine ausreichende Auslastung von gewerblichen Flächen interessante Mieter sein. Gerade im ländlichen Raum ist die Ansiedelung von Betrieben keine leichte Aufgabe. Eine Primärversorgungseinheit schafft nicht nur nachhaltige und sichere Arbeitsplätze, eine Primärversorgungseinheit zieht auch die Ansiedelung weiterer Zuliefererbetriebe in derselben Gemeinde an. Sobald sich das Konzept der Primärversorgungseinheiten in den Gemeinden im Detail herumgesprochen hat, wird eine Art Wettlauf unter den Gemeinden entstehen. Sie möchten eine umfassende Beratung, die auf Ihre individuelle Situation abgestimmt ist? Dann vereinbaren Sie gleich jetzt Ihren unverbindlichen Beratungstermin.
Fragen und Antworten zur Primärversorgung
Für Ärzte
Warum sollte ich meine Ordination in eine Primärversorgungseinheit umwandeln?
Was ist eine Primärversorgungseinheit?
Was ist eine Primärversorgungseinheit als Zentrum?
Was ist eine Primärversorgungseinheit als Netzwerk?
Aus welchen Personen besteht eine Primärversorgungseinheit?
Warum sollte ich gerade jetzt eine Primärversorgungseinheit gründen?
Welche Rechtsform kann ich für eine Primärversorgungseinheit wählen?
Muss ich für die Gründung einer Primärversorgungseinheit meinen Kassenvertrag aufgeben?
Werde ich in einer Primärversorgungseinheit besser oder schlechter verdienen?
Werde ich durch die Umwandlung in eine Primärversorgungseinheit nicht mehr arbeiten müssen?
Bringt mir die Umwandlung einer Einzelordination in eine Primärversorgungseinheit Vorteile bei meiner Pensionierung?
Für Kooperationspartner
Warum sollte ich mich als Fachärztin/Facharzt für Primärversorgungseinheiten interessieren?
Warum sollte ich mich speziell als Labor, Radiologin/Radiologe oder CT-/MR-Institut für Primärversorgungseinheiten interessieren?
Warum sollte ich mich als Kinderärztin/Kinderarzt für Primärversorgungseinheiten interessieren?
Warum sollte ich mich als Apotheker für Primärversorgungseinheiten interessieren?
Warum sollte ich mich als Ärzte-Zulieferer für Primärversorgungseinheiten interessieren?
Warum sollte ich mich als Pharmakonzern für Primärversorgungseinheiten interessieren?
Warum sollte ich mich als Versicherungsunternehmen für Primärversorgungseinheiten interessieren?
Warum sollte ich mich als Steuerberater für Primärversorgungseinheiten interessieren?
Warum sollte ich mich als Bank für eine Primärversorgungseinheit interessieren?
Warum sollte ich mich als Immobilienentwickler für Primärversorgungseinheiten interessieren?
Warum sollte ich mich als Gemeinde für Primärversorgungseinheiten interessieren?
Fragen und Antworten zur Primärversorgung